Rotkäpchen un der böse Wolf-
diverse Versionen
- Computer
- Sozialistisch
Rotkaeppchen fuer Computerfans
Gefunden bei: Martin_Heinle@narnias_door.life.sub.org
Es war einmal ein kleines, suesses Maedchen, das immer ein Kaeppchen aus
rotemSamt trug. Aufgrund dieses Attributs erhielt es densymbolischen
Namen"Rotkaeppchen".
Eines Tages sprach die Mutter: "Rotkaeppchen, die Gesundheit deiner Gross-
mutter hat einen Interrupt bekommen. Wir muessen ein Pflegeprogramm ent-
wickeln und zur Grossmutter bringen, um das Problem zu loesen. Verirre dich
jedoch nicht im Wald der alten Computersprachen, sondern gehenur struk-
turiertre Wege! Nutze dabei immer eine Hochsprache der 4. Generation, dann
geht es deiner Grossmutter schnell wieder gut. Und achte darauf, dass dein
Pflegeprogramm transaktioniert ist, damit es die Grossmutter nicht noch mehr
belastet.
Da der Weg zum Haus der Grossmutter reentrent war, traf Rotkaeppchenden
boesen Wolf. Er tat sehr benutzerfreundlich, hatte im Background jedoch
schon einen Interrupt programmiert. Waehrend Rotkaeppchen einen Gotoins
Blumenfeld machte, ging der Wolf im Direktzugriff zur Grossmutter und ver-
einnahmte sie unverzueglich durch einen Delete. Ohne zu zoegern gab er sich
den Anschein zur Grossmutter kompatibel zu sein, indem er ihre logische
Sicht annahm. Dann legte er sich in ihren Speicherplatz.
Kurz danach lokalisierte auch Rotkaeppchen die Adresse der Grossmutterund
trat in den Speicherraum. Vor der Installation des Pflegeprogramms machte
Rotkaeppchen sicherheitshalber einen Verify und fragte:
"Ei Grossmutter, warum hast du so grosse Ohren?" - "Damit ich die Wuensche der
User besser canceln kann."
"Ei Grossmutter, warum hast du so ein entsetzlich grosses Maul?" - "Damit ich
dich besser canceln kann."
...sprach's und nahm das arme Ding als Input. Nach einem Logoff begab sich
der Wolf zur Ruhe, schlief ein und begann laut zu schnarchen.
Als der Jaeger auf seinem Loop durch den Wald am Hause der Grossmutter vor-
beikam, sah er durch ein Window den Wolf im Bett liegen. "Finde ich dich
hier, du alter Suender", sprach er, "ich habe dich lange gesucht!" Als
Kenner der Szene analysierte er sofort, dass nach den Regeln der Boolschen
Algebra die Grossmutter nur im Bauch des Wolfes sein konnte. Er nahm sein
Messer, teilte den Bauch des Wolfes in mehrere Sektoren und machte, welch'
Freude, Grossmutter und Rottkaeppchen wieder zu selbstaendigen Modulen.
Als Input fuer den nun leeren Bauch des Wolfes nahmen sie viele kilobyte
Steine und beendeten die Operation mit einem Close. Als der Wolf erwachte,
verursachte ihm sein dermassen aufgeblaehter Hauptspeicher solche Schmerzen,
dass er an Storage Violation jaemmerlrich zugrunde ging.
Da waren allevergnuegt. DasPflegeprogrammaktivierte die Grossmutter
schnell. Rotkaeppchen aber dachte: "Du willst dein Lebtag lang nie wieder
einen Goto machen, sondern nur noch strukturierte Wege gehen, wie esdir
die Mutter gesagt hat."
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Rotkaeppchen - von neuem erzaehlt unter Voraussetzung sozialistischer
Produktionsverhaeltnisse
Rotkaeppchen war gerade dabei, ein frohes Jugendleben zu entfalten, da
kehrte die Mutter von der Versammlung der Haus- und Hofgemeinschaft
zurueck. Sie begruesste das Rotkaeppchen mit der Losung Junger Pioniere:
"Bildet Timur-Trupps und helft unseren Parteiveteranen bei der verlustlosen
Einbringung der Gartenernte!" "Rotkaepchen" -schlussfolgerte sie- "nimm in
dein Aktionsprogramm auch einen Besuch bei der Grossmutter, der verdienten
Parteiveteranin, auf! Ueberreiche ihr aus Anlass des 15jaehrigen Jubilaeums
der Rentenerhoehung ein Stueck Obstkuchen mit Schlagcreme und eine
Weinflasche mit Fassbrause. Sie werden die Grossmutter staerken zu guten
Taten fuer den Sozialismus und im Kampf um die allseitige Durchsetzung der
Neurermethoden auf dem Gebiet einer kulturvollen Heimgestaltung. Weiche
nicht vom Bitterfelder Weg ab, und wenn du in den Wald gehst, ermahne dich
zu erhoehter Wachsamkeit gegenueber den parteifeindlichen Umtrieben des boesen
Wolfes. Seinen satirischen und dogmatischen Einfluesterungen, die vom
Klassenfeind diktiert sind, darfst du nicht zum Opfer fallen. Vergiss nicht
das blaue Halstuch und die rote Kappe. Seid bereit!" - "Immer Bereit"
antwortete etwas traurig das Rotkaepchen, denn es haette gern weiter ein
frohes Jugendleben entfaltet.
Aber eingedeckt der 10 Gebote der sozialistischen Moral und aufgrund
seines kaempferischen Klassenbewusstseins schaetze es die Perspektiven seiner
jugendlichen Entwicklung richtig ein und machte sich auf den Weg. Bei
seiner Wanderung kam das Rotkaepchen an eine Wiese, die einen
Ueberplanbestand schoener Blumen beinhaltete. Dem Rotkaepchen gelang es,
diese ungenutzten Reserven aufzudecken und sie, unter Geringhaltung der
Ausschussquote, fuer die Produktion eines Blumenstrausses zu erschliessen. Als
Rotkaepchen gerade dabei war, in ihr Produktionsprogramm auch die
Einfuehrung einer Pausengymnastik mit aufzunehmen, erschien der boese Wolf.
"Freundschaft" -sagte der Wolf.- "Was machst du denn hier?" - "Ich
entwichkle Initiative zum Besuch der Grossmutter und versuche neue Wege zu
beschreiten." - "Lass uns eine Plandiskusion fuehren ueber den komplexen
Einsatz bei der Veteranin." antwortete der Wolf "Wir wollen beide als
Kollektiv ein Kulturprogramm aufstellen und in Kooperation ein
agitatorisch-propagandistisches Programm erstellen. Erstuermt die Hoehen der
Kultur!" Doch im gleichen Augenblick wurde ihm ein Verbesserungsvorschlag
bewusst. Er setzte den oekonomischen Hebel an und veraenderte den Planentwurf
dahingehend, dass er im programmatischen Vorgehen in Teilabschnitten erst
die Grossmutter und dann das Rotkaepchen seinen Versorgungsplaenen
einverleiben wollte. So verstiess er gegen die Richtlinien des
Jugendfoerderungsprogramms, und Rotkaeppchen sah sich allein gelassen.
Kurz darauf stand der verbrecherische Wolf vor dem Wohnblock, in dem die
Grossmutter durch Beziehung im Veteranenclub eine Parterrewohnung bekommen
hatte. Eingedeckt der Devise "Jeder Mann an jedem Ort, einmal in der Woche
Sport" sprang er durch das -entgegen den Vorschriften der staatlichen
Versicherung der DDR- offenstehende Fenster. Mit der kranken Grossmutter
liess er sich auf keine Diskussion ein, sondern diktierte der Grossmutter
unter Missachtung der Beratung durch die Fuehrungsgremien einseitig seine
Meinung, indem er sie einfach auffrass.
Danach versuchte der gefaehrliche Agent sich zu tarnen. Er zog Grossmutters
Nachthemd aus Dederon an und legte sich mit dem Krankenschein der SVK in
der Pfote ins Bett.
Nach einer kurzen Weile, in dem Bestreben, die Wartezeit zu verkuerzen,
betrat auch Rotkaeppchen die AWG-Wohnung der Grossmutter. Als Rotkaeppchen
die unrealistische Grossmutter erblickte, erschrak es sehr. "Grossmutter,
warum hast du so grosse Augen?" - "Ich habe eine Halbtagsbeschaeftigung als
Gueterkontrolleur angenommen!" - "Aber Grossmutter, warum hast du dann so
grosse Ohren?" - "Ich betaetige mich als ehrenamtlicher Mitarbeiter des
Ministeriums fuer Staatssicherheit!" - "Grossmutter, warum hast du aber
einen so grossen Mund?" - "Weisst du denn nicht, dass ich Chefkommentator
beim demokratischen Rundfunk war?"
Der Wolf beendete die kaempferische Auseinandersetzung durch positive
Ueberzeugungsarbeit, indem er auch das Rotkaeppchen mit Haut und Haaren
auffrass. Dann legte er sich schlafen und produzierte Schnarchtoene der
Gueteklasse "Q" im Weltmassstab.
Mit einem "Spatz" vom VEB Simson-Suhl kam auf der Suche nach einer
Vertragswerkstatt ein Mitglied des Jagdkollektivs daher. Zufaellig fuehrte
der Jaeger seine Thaelmannsuperflinte 2. Wahl mit sich. Dem Wolf wurde das
zum Verhaengnis, da er er es an der noetigen Wachsamkeit hatte fehlen
lassen. Mit Hilfe der Hinweise aus der Bevoelkerung gelang es dem Jaeger,
den Wolf zu identifizieren und als Geheimagent der imperialistischen
Ultras zu entlarven. Er realisierte die Toetung der scheusslichen Bestie und
befreite das Rotkaeppchen und die Grossmutter aus dem Leibe des boesen
Wolfes. Doch bevor sie den Tag der Befreiung mit Erstellung eines
Kulturprogramms feierten, verfasste das Rotkaeppchen einen Artikel fuer die
"Junge Welt", mit dem sie Kritik ihrer falschen Verhaltensweise annahm und
sich vom vertrauensseligen Versoehnlertum dem Wolf gegenueber distanzierte.
Der Jaeger hatte durch seine Befreiung der Grossmutter und des Rotkaeppchens
2 Arbeitskraefte aus der nacharbeitenden Bevoelkerung zusaetzlich
erschlossen und damit einen Zuwachs um etwa 2000,63 Mark erzielt. Er
erhielt eine Praemie von 300,-Mark, ausserdem wurde ihm fuer seine Tat eine
Aufbaustunde im Rahmen seiner Selbstverpflichtung im NAW angerechnet. Die
Grossmutter zeichnete freiwillig einen Betrag zugunsten der
Volkssolidaritaet, und das Rotkaeppchen liess sich von der Grossmutter die
leere Weinflasche fuer die naechste Altstoffsammlung geben.
Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben alle drei noch heute.
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